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Solche Kinder!

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Vom Harburger Flaneur. Der Flaneur hat ein Faible für Kinder mit geistiger Behinderung. Schwer zu sagen warum? Mit den Anthroposophen, die in ihren Schulen, Heimen und Dorfgemeinschaften viel Gutes auf diesem Gebiet tun, sympathisiert er insofern, als sie ungern von „behinderten“, stattdessen von „seelenpflegebedürftigen“ Kindern sprechen. Ja, das trifft es eher. Jahrelang hat er selber solche Kinder in einer Waldorfschule in Stuttgart unterrichtet. Ein besonders prickelnder Lehrer war er allerdings nicht. Oft hat er sich gefragt, wer hier der Lehrende, wer der Lernende sei. Anja zum Beispiel. Hielt er ihr einen Finger hoch, wusste sie, es ist ein Finger. Hielt er ihr zwei hoch, wusste sie, es sind zwei. Weiter nicht. Bei drei war sie überfordert. Ein behindertes Mädchen gewiss. Es strahlte aber eine Güte und Menschenfreundlichkeit aus, davon konnte er sich eine Scheibe abschneiden. War er oder war sie der Lernende? Oder Markus. Ein autistischer Junge wie aus dem Bilderbuch. Blondes Haar, blaue Augen, vom Scheitel bis zur Sohle ein wunderschöner kleiner Prinz. Er guckte niemanden an, sprach nie mit irgendjemandem. Seine Eltern waren verzweifelt. Schrieb der Flaneur eine Rechenaufgabe an die Tafel, rief Markus mit seiner hohen Stimme sofort die Lösung. Sang er den Kindern ein Lied vor, konnte Markus es nach einmaligem Hören mit glockenreiner Stimme wiedergeben. Behindert? Ist irgendwie der falsche Begriff. Sagen wir lieber: einseitig begabt. Wie wir alle.

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