Von Andreas Tsilis. Über die Geschichte mit dem neuen Mercedes schmunzelt Hermann Stein heute noch. Die Geschichte geht so: Vor Jahren hatte er für einen Bauern im Alten Land ein Mehrfamilienhaus gebaut. Als es fertig war, fuhr der als sparsam bekannte Landwirt mit der Nobelkarrosse durchs Dorf, dessen Bewohner die Welt nicht mehr verstanden. Bauen mit Hermann Stein, der als teurer Architekt galt, und einen fabrikneuen Mercedes zu fahren, das konnten die Altländer Bauern nicht begreifen.
Hermann Stein rechnet vor: „Ich kalkulierte höher als mancher Kollege, 80 Prozent der Aufträge blieben dafür im Rahmen meiner Vorausberechnungen.“ Handwerkerrechnungen strich er schon mal zusammen, dennoch ließen sich viele Handwerksmeister ihre Betriebe von ihm errichten. „So wie sie die Kosten der Kollegen im Griff haben, passen sie auch bei meinem Bau auf“, sagte einmal ein Elektromeister zu ihm.
Von schwierig bis schön, Stein baute alles und mit Vorliebe hochwertige, sehr individuelle Landhäuser. Um öffentliche Aufträge hat er sich nie beworben.
Die vielen 100-Stunden-Arbeitswochen liegen inzwischen zwar längere Zeit zurück, doch der 78-jährige kann und will sich nicht entspannt zurücklehnen.
„Können und Wollen“ bringen den Erfolg. „Ein Architekt, der das beherzigt, wird immer gutes Geld verdienen“ – auch heute, wo sich das Auftragsvolumen auf weniger Firmen verdichtet hat.
Stein greift zum Stift, beugt sich über eine Zeichnung und erzählt, dass er umfangreiche Modernisierungen eigener Immobilien plane. Bereits im vergangenen Jahr baute er mehr als 1.000 Quadratmeter Bürofläche zu Mietwohnungen um.
Stein selbst hat sich auf die für ihn „notwendige Bürogröße“ zurückgezogen, beschäftigt zwei Mitarbeiterinnen. Früher waren es 18 Angestellte, von der Sekretärin bis den Architekten, die eine Menge lernten. Zwölf von ihnen machten sich selbständig, viele Bauzeichner-Lehrlinge schlossen ihre Ausbildung mit Auszeichnung ab.
Das Können und Wollen zieht sich wie...
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