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Die Zusammengeher

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"Meine Güte, schon wieder!", dachte Tony, als er gerade auf dem Gehweg der Hospitalstraße in Richtung Zentrum entlang spazierte. Vor ihm befand sich eine Familie, die sich im Zeitlupentempo vorwärts bewegte. Mutter und Vater außen, in der Mitte zwei Bälger, und alle hielten sie sich an den Händen und bildeten auf diese Weise eine undurchdringliche Menschenkette. Das ist schön, wenn sich die Menschen ein wenig festhalten, glaubte Tony denken zu müssen, aber dieser Einwand seines Gewissens währte nicht lange, er wollte einfach nur vorbei und diese brave Familie nötigenfalls beiseite rempeln. "LASST MICH DURCH!", dachte er. Auf die Straße konnte er nicht ausweichen, da ist es in der Hospitalstraße nicht anders als in der Schomburgallee, der Billrothstraße und was es hier so gibt: ist alles zugeparkt. Dabei hat IKEA noch gar nicht aufgemacht. Tony räusperte sich, bat um Verzeihung, aber er hat von Natur aus eher eine schüchtern-leise Stimme, und fand natürlich kein Gehör bei diesen vier-mitten-im-Leben-Stehenden. Er zwängte sich an der Mutter am Hausrand vorbei und bekam von dieser Matrone etwas wie "DA HÖRT SICH JA ALLES AUF!!!" zu hören. Aber er kam durch. Diese Zusammengeher sind ein echtes Problem. Und dann diese Verliebten erst! Ach, hört mir auf. Ständig müssen sie sich an ihren Händen festhalten und nebeneinander her gehen, als ging es nicht anders, als allen Platz der Welt für sich zu beanspruchen. Natürlich sei ihnen nicht zugemutet, im Gänsemarsch hintereinander her zu tippeln, so gemein will niemand sein, aber ein bisschen könnten sie sich schon dünne machen. Nicht? Oder ist Tony einfach nur ein verkorkster alter Heini, der in einem fort am Quängeln ist?

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