Von Carsten Vitt. Helmut war Autoverkäufer. Klaus ein Kneipier aus dem Viertel. Wolfgang kam mit seinem Laster aus der Nagelsallee. Alle schon tot. Angelo Vangelista und Vera Voß kennen die ehemaligen Stammgäste und deren Geschichten noch. „Guck mal hier“, sagt Voß, „Das ist doch Karl Krüger. Der hatte eine Auto-Werkstatt in der Susannenstraße.“ Ein Haufen Fotos liegt vor den beiden auf dem Tisch, der Gastronom und die Stammkundin der ersten Stunde kramen in Erinnerungen aus vier Jahrzehnten am Schulterblatt im Schanzenviertel.
Angelo Vangelista, 70, eröffnete 1973 seinen „Grill-Imbiß“ am Schulterblatt 109. In einem einfachen Verschlag, einer „Holzbude“, wie er es heute nennt. Der gebürtige Sizilianer war 1967 nach Hamburg gekommen, hatte zunächst als Maurer malocht. Dann kam die Gastronomie. Am Schulterblatt nahe der S-Bahnstrecke kaufte er diese „Holzbude“ für knapp 7.000 Mark.
Das Viertel, das heute neben der Reeperbahn die beliebteste Ausgehmeile ist, war noch recht einfach geprägt. „Hier wohnten Menschen vieler Nationalitäten. Einfache Arbeiter, Leute mit ein bisschen Geld, Studenten.“ Man traf sich im Imbiss an der Ecke Schulterblatt/Max-Brauer-Allee. Zum Knobeln, zum Quatschen, zum Essen. Einen Galao kannte hier keiner, man trank Filterkaffee, Bier und Korn. Wenn Vangelista erzählt, wie er die Haxen knusprig gebraten hat, holt er mit den Armen weit aus. Voß
nickt. Und – na ja – auch das muss gesagt werden: „Wenn im Sommer die Mädchen in kurzen Röcken vorbeiliefen, hat er sich auf eine Kiste gestellt, um hinterher gucken zu können.“ Vangelista lacht, als Voß das über ihn, den Italiener, sagt.
Links neben Angelos Geschäft handelte Back & Boldt mit Autos, rechts war die Taverna Bacchus, ein griechisches Restaurant, dann kam die Bäckerei Kumpfmüller. Der Imbiss war Teil einer Gewerbezeile.
Ende der 1980er-Jahre gab es Pläne, für das Musical „Phantom der Oper“ ein modernes Theater am Schulterblatt zu bauen. Dem historischen Flora-Gebäude, in das „1000...
↧