Von Christopher von Savigny. Deutschland ist ein Quiz. Ein Fotoquiz mit lauter kleinen Bildern. Der Reichstag, ein VW-Käfer, Politiker bei irgendeinem Staatstreffen. „Wer ist das?“, fragt Reyhan Zeran. „Willy Brandt, ich glaube“, antwortet Süreyya. So ganz sicher ist sie sich nicht. Aber es könnte Willy Brandt sein, denn der kommt eigentlich andauernd vor. Gerade erst hatten sie sich das Foto mit dem berühmten Kniefall von Warschau angesehen. Viktoriia meldet sich: „Helmut Kohl!“, sagt sie. Helmut Kohl ist richtig. „Und was hat er gemacht?“, fragt Zeran weiter. „Er hat gefallen.“ Was ist gefallen? „Die Mauer!“ „Ihr seid gut!“, sagt Zeran.
Im Unterrichtsraum der Türkischen Gemeinde Hamburg (TGH) im Altonaer HausDrei sitzen zehn Männer und Frauen und lernen Deutschland, um den Einbürgerungstest bestehen zu können. Süreyya kommt aus der Türkei, Viktoriia aus der Ukraine. „Mit zwei ,i’“, betont sie. Namen mit Doppelvokal scheinen hier nichts Ungewöhnliches zu sein. Die meisten Teilnehmer sind in der Türkei groß geworden, der Rest in Bulgarien, Syrien und Kenia. 60 Unterrichtsstunden haben sie Zeit, um alles über deutsche Politik und Geschichte zu lernen. Am Ende steht der Abschlusstest „Leben in Deutschland“ (LiD). 60 Stunden sind eigentlich viel zu wenig. „Müssen wir alles wissen?“, fragt Süreyya. „Es ist ein bisschen schwer.“
Reyhan Zeran, Lehrerin des Integrationskurses, seufzt. Die sture Einpaukerei liegt ihr sowieso nicht. „Ich will, dass sich die Schüler für den Unterrichtsstoff interessieren“, sagt sie. Das macht sie gut, die Schüler loben sie für ihren Unterricht. „Sie hat viel Geduld, kann gut erklären“, sagen sie. Zeran ist im Alter von sieben Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Schon früh hat sie sich für Integrationspolitik interessiert, seit 15 Jahren gibt sie Kurse für Zuwanderer. Integrationskurs – der Ausdruck gefällt ihr nicht besonders. Weil er einem vorgaukelt, die Schüler würden allein durch ihre Teilnahme „integriert“. Stimmt...
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