Von Roger Repplinger. Der Junge mit dem Schulranzen kommt vom Vogelhüttendeich auf den Stübenplatz. Er sieht den Bus, der in die Veringstraße abbiegt. Der Junge rennt, er hat das mit dem Tempo raus, auf Höhe des „Pause Imbiss“ macht er langsam. Reicht noch. Es ist 6.30 Uhr.
Auf den Quadern an der Julius-Ertel-Straße sitzt ein Mann. Vor dem Fahrradgeschäft Ecke Vogelhüttendeich und Veringstraße steht einer. Grauer Hoodie überm Kopf. Entlang dem Stück des Vogelhüttendeichs, das direkt vor dem Stübenplatz liegt, stehen kleine Gruppen. Drei, vier Mann in Arbeitsklamotten. Hände in den Taschen. Warten. Bis einer kommt und sie braucht.
Es gibt Leute, die nennen das „Bulgarenstrich“. Wer hier auf Arbeit wartet, arbeitet schwarz. Seriöse Schätzungen sprechen von 20 Prozent bulgarischen Arbeitsmigranten, die in Deutschland keinen regulären Job finden, trotzdem bleiben, weil sie in Bulgarien auch keine Chance haben. Die schlagen sich mit Schwarzarbeit durch.
Ali ist 32, seinen Nachnamen möchte er lieber nicht sagen. Er hat keinen Beruf gelernt, kommt aus Bulgarien und steht auf dem Stübenplatz. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen, vier und fünf Jahre alt, in Wilhelmsburg. Sie kamen vor drei Jahren. „Ich mache jeden Job“, sagt er. „Steine tragen, auf dem Bau, graben.“ Diese Hilfsarbeiterjobs kommen von Türken und Deutschen. Um die Ecke hält ein Auto, Türe auf, Mann rein, Türe zu, Auto weg. Hat was von Strich. „Wenn ich einsteige, weiß ich nicht, welche Firma das ist und welche Arbeit“, sagt Ali.
Um und auf dem Stübenplatz stehen etwa 15 Männer, nicht direkt unter den Straßenlaternen, aber auch nicht zu weit weg. Ali zahlt 700 Euro für zwei Zimmer in einer Wohnung, die sich seine Familie mit einer anderen Familie teilt. Die Wohnung vermietet ein Türke. Für die Meldeadresse hat er 600 Euro gezahlt. Ebenfalls an einen Türken. Einige verdienen an den Bulgaren eine Menge Geld. Auch die Arbeitgeber. „Wenn ich in Bulgarien Arbeit hätte, wäre ich nicht hier“,...
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